Newsletter 2/2019

Digitalisierung der Supply Chain – wie digitale Vorreiter sie erfolgreich umsetzen

4flow diskutiert mit Kunden über die Logistik der Zukunft

„Wir beschäftigen uns alle schon länger mit dem Thema Digitalisierung und wie wir sie in unsere Supply Chains bringen. Eine große Herausforderung dabei ist, Digitalisierungsprojekte ehrlich zu bewerten, um rechtzeitig festzustellen, was funktioniert und was nicht.“ Mit diesen Worten eröffnete Kai Althoff, COO von 4flow, den 4flow Logistics Day am 21. März 2019 in Stuttgart. „Bis zu einer ganzheitlich digitalisierten Supply Chain ist es noch ein weiter Weg. Erst damit werden sich wirklich die vollen Potenziale der Digitalisierung realisieren lassen.“ Welche Schritte sie auf diesem Weg bereits gegangen sind und welche sie für die Zukunft planen, berichteten unter anderem Vertreter von der LSG Group, Daimler und Volkswagen Konzernlogistik.

LSG Group wird flexibler durch Netzwerkmanagement

Wie die LSG Group ihre Produkte ans Ziel bringt, erklärte Dr. Jan Christoph Meyer, Head of Global Supply Management, in seinem Vortrag „Digitales Netzwerkmanagement als Treiber für modulare adaptive Wertschöpfungsketten“. LSG ist eine hundertprozentige Tochter der Lufthansa und vorrangig fürs Catering zahlreicher Fluggesellschaften zuständig. Mit 36.000 Mitarbeitern erwirtschaftet sie an über 200 Standorten in 56 Ländern 3,2 Milliarden Euro Umsatz.

Die Herausforderungen, mit denen sich LSG konfrontiert sieht, sind mannigfaltig: Zeitdruck, Kostendruck, wachsende Produktvarianz, starke Nachfrageschwankungen und kurze Produktlebenszyklen. Eine echte Besonderheit der Branche sind die hohen Flexibilitätsanforderungen. Veränderungen im Flugplan und Fluggerätwechsel führen sehr kurzfristig zu vollständigen Produktneuaufbauten. Damit trotzdem alles funktioniert, war die LSG bis vor Kurzem dezentral organisiert. An jedem Flughafen wurde die komplette Supply Chain abgebildet. Der Nachteil davon war, dass LSG nicht flexibel auf Veränderungen reagieren konnte, wenn etwa ein Kunde wegfiel oder hinzukam.

Deshalb hat LSG 2014 begonnen, ihr komplettes Operating Model zu transformieren. Die Speisenproduktion wurde beispielsweise in regionalen Produktionscentern gebündelt und die einzelnen Flughafenstandorte werden nun von flexiblen Supply Chains versorgt. Durch diese Netzwerkstrategie wurden Zentralisierungseffekte geschaffen, was auch finanziell zu einer signifikanten Verbesserung führte. „Die Transformation war von Beginn an konsequent mit einem Digitalisierungsprozess verbunden. Ohne ein enges Monitoring und eine hohe Reaktionsfähigkeit wäre es nicht möglich, die Just-in-Sequence-Kette aufrechtzuerhalten“, so Dr. Jan Christoph Meyer. LSG steuert ihre Prozesse heute über ein Integrated Network Management. Sie arbeitet mit Machine- und Deep-Learning-Ansätzen und setzt auf Roboterunterstützung in der Produktion und auf Image Processing sowie Track & Trace im Monitoring-Bereich.

Daimler schafft Transparenz und wird effizienter

„Wenn heute jemand Supply Chain sagt, dann denkt er meistens vom Lieferanten bis zum Verbraucher. Dass bei vielen Herstellern das Leergut wieder zum Lieferanten zurück muss, wird sehr selten betrachtet, obwohl dabei circa 40 Prozent der Gesamttransportkosten entstehen“, begann Andreas Jung, Senior Manager Ladungsträger Operation bei der Daimler AG, seinen Vortrag „Auf dem Weg zum digitalen Ladungsträgermanagement“. Ein nicht unwesentlicher Betrag, wenn man wie Daimler in einem weltweiten Netzwerk mit ungefähr 350.000 Ladungsträgerbewegungen pro Tag alleine für den Bereich Mercedes Benz Cars arbeitet. Im Unternehmen rotieren rund 15 Millionen Universalladungsträger sowie 25 Millionen Sonderladungsträger. Um das über fünf Kontinente mit etwa 25.000 Partnern zielgerichtet zu steuern, brauche es andere Methoden und Tools als noch vor ein paar Jahren, so Andreas Jung. „Wir müssen wissen, wo die Ladungsträger sind und dafür brauchen wir Transparenz über die gesamte Kette.“

Bei Daimler wurden verschiedene Einzelprojekte, die den Ladungsträger im Fokus haben, zu einem Gesamtkonzept vereint. Dazu zählen unter anderem ein Supplier Front Desk, ein Ladungsträger-Management-system samt App sowie ein darauf aufbauendes Shared-Ladungsträger-Netzwerk, das es ermöglicht, Ladungsträger nach Bedarf zu verteilen. Für die dafür nötige Transparenz sorgt ein Warehouse-Management-System. Komplett mit RFID-Technik ausgestattete Ladungsträger und Drohnen liefern Daten in Echtzeit. Das führt zu 15 Prozent Produktivitätssteigerung, der Reduktion von Durchlaufzeiten und Ladungsträgerbeständen sowie deutlich geringeren Prozessstörungen.

Volkswagen Konzernlogistik setzt auf Standardisierung als Basis für smarte Systeme

Über die „Digitalisierung im Transportnetz der Zukunft“ sprach Matthias Braun, Leiter Digitalisierung und Konzeptentwicklung von der Volkswagen Konzernlogistik GmbH & Co. OHG. Die Logistik im Volkswagen Konzern koordiniert logistische Prozesse mit 8.500 Lieferanten, 53 Komponenten- sowie 69 Fahrzeugwerken, in denen über 630.000 Mitarbeiter arbeiten, für mehr als 150 Absatzmärkte weltweit und ist darüber hinaus für die Strategie und die synergieorientierte Steuerung des gesamten Konzerns verantwortlich.

Auch bei Volkswagen in der Konzernlogistik beschäftigt man sich intensiv mit der Digitalisierung von Prozessen sowie künftigen Anforderungen an das Transportnetz. Digitalisierung sei allgegenwärtig, so Matthias Braun. Wenn man sich nicht weiterentwickle, müsse man damit rechnen, irgendwann auf der Strecke zu bleiben. „Wir glauben, wenn wir Track & Trace nutzen, sind wir gut. Aber das ist nicht das Ende der Entwicklung. Die Welt verändert sich immer schneller.“ Die Vernetzung von Prozessen und die durchgängige Transparenz und Datenverfügbarkeit in der gesamten Prozesskette seien heute die Herausforderungen im industriellen Umfeld.

Um ihr Versorgungs-, Transport- und Slot-Management zusammenzuführen, hat die Volkswagen Konzernlogistik eine Kommunikationsplattform geschaffen, die künftig die standardisierten Daten aller Prozesspartner verfügbar macht. So sollen alle relevanten Informationen des Inbound-Prozesses in einer digitalen Transportakte zusammenfließen. Durch die Verknüpfung mit weiteren Datenquellen wird so die Basis für eine Vielzahl neuer smarter Lösungen und intelligenter Systeme geschaffen. Mit standardisierter Kommunikation beginne die digitale Kettenreaktion, ist Matthias Braun überzeugt.

Für die Zukunft sieht er sein Unternehmen gut gerüstet: „Welche Megatrends das Transportnetz zukünftig prägen, untersuchen wir von der Volkswagen Konzernlogistik gemeinsam mit 4flow. Der Schwerpunkt liegt dabei auf neuen Technologien wie Künstliche Intelligenz, alternative Antriebe und autonomes Fahren, aber auch auf Themen wie Supply-Chain-Integration, gesellschaftliche Verantwortung und Netzwerkmanagement 2.0“, so Matthias Braun.

4flow setzt technische Innovationen erfolgreich ein

Drei technische Innovationen, die die Logistik der Zukunft mit bestimmen dürften, stellte Dr. Marc Schleyer, Vice President bei 4flow, in seinem Vortrag „Innovationen zur Digitalisierung der Supply Chain“ vor, in dem er über das Potenzial von Robotic Process Automation (RPA), Künstlicher Intelligenz (KI) und Big Data Analytics sprach. Alle drei Techniken setzt 4flow erfolgreich bei Kunden ein. Mit RPA (technologischer Ansatz, bei dem Softwareroboter Menschen bei der Durchführung von repetitiven, regelbasierten Prozessen nachahmen) konnten beispielweise Prozesse im Frachtenmanagement, die manuell in mehreren Systemen ausgeführt wurden, automatisiert werden. Mit dieser Arbeit war zuvor ein Vollzeitmitarbeiter vollumfänglich beschäftigt. Der innerhalb von drei Wochen implementierte Bot erledigt diese Arbeit nun in weniger als der Hälfte der Zeit bei einer Fehlerquote von Null. Der Mitarbeiter wird für wertschöpfendere Arbeiten eingesetzt.

KI eignet sich in der Logistik hervorragend zur Prognose, da die Technik eine viel größere Zahl von Einflussfaktoren auf das Prognoseergebnis berücksichtigen kann als ein Mensch das könnte. Mit der optimierten Prognose lassen sich anschließend die logistischen Prozesse verbessern. In einem konkreten Anwendungsfall sagt 4flow mit Hilfe von KI für einen Kunden aus der Automobilzulieferbranche signifikante Abweichungen im Transportvolumen, sogenannte Exceptions, in der Werksbelieferung voraus. In 88 Prozent der Fälle liegt der KI-Algorithmus richtig. So können Kosten für Express-Transporte, Aufwände für das Exception-Handling und im schlimmsten Fall ein Bandabriss vermieden werden.

Big Data Analytics ist die Kunst, mit großen Datenmengen zu arbeiten und daraus bisher verborgene Erkenntnisse zu ziehen. Das hilft beim Forecasting und anschließend bei der Bestandsoptimierung. 4flow hat mit dieser Technik zum Beispiel das globale Ersatzteilnetzwerk eines Kunden optimiert. Der Servicelevel konnte durch den Einsatz von Big Data Analytics bei gleich hohem Bestand um 17 Prozent erhöht werden. Darüber hinaus bietet die Technik weitere Möglichkeiten wie die Abschätzung fehlender Stammdaten, Process Mining zum Aufzeigen von Prozess-Gaps, die transparente Darstellung von Material- und Informationsflüssen und die Plausibilisierung von Daten.

In allen Use Cases mussten im Zuge der Einführung der neuen Technik auch Prozesse neugestaltet werden. „Digitalisierung wird die Art und Weise, wie wir operativ und auch administrativ arbeiten, radikal ändern. Diese Chance müssen wir nutzen, um Prozesse von Anfang an richtig zu konzipieren und zu implementieren“, so Dr. Marc Schleyer.

Digitalisierung vergrößert die Gestaltungsmöglichkeiten für Logistiker

An der abschließenden Podiumsdiskussion nahmen neben Andreas Jung und Dr. Marc Schleyer noch Christine Mezger-Behan, Vice President Transport Management Worldwide bei der Robert Bosch GmbH, und Dirk Lichtmann, Senior Director bei der MAGNA Powertrain GmbH, teil. Sie alle waren sich einig, dass am Anfang die Daten stehen – ohne ausreichende Datenqualität werde jedes Digitalisierungsprojekt scheitern. Hilfreich wären zudem Standards, vor allem in den Bereichen IT, Prozesse und Zusammenarbeit. Wenn es gelingt, eine Community zu schaffen, würden davon alle profitieren. Außerdem braucht es konkrete und motivierende Ziele. „Wir stehen noch am Anfang der Digitalisierung. Wichtig ist, dass wir wissen, wohin wir wollen, und den Mut haben, auch mal etwas auszuprobieren“, so Dr. Marc Schleyer. Dass aber auf dem Weg zur ganzheitlichen Digitalisierung auch einzelne, im Erfolgsfall skalierbare Projekte bereits einen echten Mehrwert bringen, wurde auf dem 4flow Logistics Day deutlich.

Für die Logistik biete die Digitalisierung darüber hinaus die Chance, in den Unternehmen stärker wahrgenommen und zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor zu werden. „Bisher führen wir Logistiker oft nur aus, was an anderer Stelle entschieden wird. Wir sollten mehr gestalten und die Digitalisierung bietet dafür einen riesigen Hebel“, so Kai Althoff.

Autor: SEBASTIAN EHRLICH, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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