Blog | 20. Juli 2023

Die Zukunft von Supply Chains in der Konsumgüterindustrie

Digital und gemeinsam zu mehr Erfolg

Aktuelle Entwicklungen auf dem Markt zwingen die Konsumgüterindustrie entlang der gesamten Wertschöpfungskette zum Handeln. Auf der einen Seite haben Unternehmen mit einem steigenden Kostendruck in der Logistik aufgrund der Inflation zu kämpfen, auf der anderen Seite treibt das Thema Nachhaltigkeit die Umsetzung neuer Supply-Chain-Lösungen.

In diesem Spannungsfeld hat die Konsumgüterindustrie erkannt, dass Zusammenarbeit ein Schlüssel zum Erfolg sein kann. Kooperationen über das Liefernetzwerk hinweg können eine Chance zur Optimierung der Wertschöpfungsstrukturen darstellen - unabhängig davon, ob es sich um eine vertikale Lieferanten-Kunden-Beziehung oder um eine horizontale Kooperation zwischen Unternehmen der Konsumgüterbranche handelt. Digitale Tools können dabei helfen, den ganzheitlichen Supply-Chain-Prozess zu verbessern.

Dass der Ansatz auch praktische Relevanz hat, wurde auf dem 4flow Logistics Day deutlich, der Mitte März in Düsseldorf stattgefunden hat – dort haben sich unter anderem Vertreter von Aryzta, Beiersdorf, Lidl, Mars und Metro zum Thema Kooperation ausgetauscht. Die Ergebnisse aus den dort durchgeführten Umfragen zwischen allen Teilnehmern zeigen sehr deutlich die Diskrepanz zwischen der Wichtigkeit und dem aktuellen Reifegrad von Supply Chain Kooperationen.

Autoren

 

Lennart Brüggemann-von Ackern

Partner, 4flow

Dr. Marc Schleyer

Partner, 4flow

Eine enge vertikale Zusammenarbeit zwischen Handels- und Konsumgüterunternehmen kann eine integrierte Optimierung der Wertschöpfungskette ermöglichen. So erhalten alle Beteiligten Transparenz über sich verändernde Bedarfe und den Einfluss auf ihre Wertschöpfungsketten. Die Planung von Absatz und Liefermengen sowie die optimale Nutzung von Kapazitäten im Logistiknetzwerk können gemeinsam gestaltet werden.


Digitale Planungsplattformen in Form von digitalen Supply-Chain-Zwillingen bieten eine einzigartige Unterstützung, indem vielversprechende Lösungsszenarien unternehmensübergreifend simuliert und evaluiert werden können. Der Digitale Zwilling, der eine vollständige Kopie der Supply Chain mit allen relevanten Informationen, einschließlich der Kooperationspartner, darstellt, ermöglicht die Simulation von Auswirkungen auf Kundenaufträge, Bestände, Kapazitäten, Bestellungen usw. im Falle von Absatzschwankungen oder defekten Produktionslinien. So können alternative Pläne erarbeitet werden, um optimale Lösungen aus der Sicht von Umsatz, Kosten, EBIT oder Service Level zu erzeugen und zwischen allen Kooperationspartnern zu teilen und abzustimmen.

Im Unterschied zur vertikalen Kooperation ist die horizontale Zusammenarbeit unter Wettbewerbern im deutschen Markt weniger gebräuchlich. Die direkte Zusammenarbeit zwischen Konsumgüterunternehmen bietet jedoch einen wichtigen Hebel zur nachhaltigen Reduktion von Kosten und CO2-Footprint in der Wertschöpfungskette. Die Zusammenarbeit konzentriert sich auf ausgewählte Logistikbereiche, um Volumen zu bündeln und Synergien aus einem unternehmensübergreifenden Netzwerk zu nutzen. Beispielsweise können Volumen auf dem Transport gebündelt und Handelszentren gemeinsam angefahren werden. Hierdurch wird die Auslastung von LKWs erhöht und in ausgewählten Bereichen kann sogar gemeinsam auf der Schiene umgestiegen werden. Für Handelskunden bedeutet dies eine schlankere Abwicklung von Wareneingangsprozessen, da vormals separate Anlieferungen der Hersteller gebündelt angeliefert werden. Obwohl diese Art der Kooperation noch in den Kinderschuhen steckt, wird die gemeinsame Nutzung von Transportkapazitäten aktiv diskutiert.

Um diese Art der horizontalen Zusammenarbeit nicht nur auf kleinere Piloten und auf die reine Logistikabwicklung zu begrenzen, bedarf es des Einsatzes neuer Geschäftsmodelle. So werden Joint-Venture-Strukturen zwischen den zusammenarbeitenden Unternehmen oder mit dienstleisterübergreifenden 4PLs notwendig, um die Kapazitäten diverser Logistikdienstleister zu konsolidieren und unternehmensübergreifend zur Verfügung stellen zu können.

Aufgrund der Marktsituation steht die Konsumgüterindustrie vor großen Herausforderungen, die nur durch gemeinsame Anstrengungen und Kooperationen bewältigt werden können. Durch den Einsatz neuer digitaler Lösungen wie dem Digitalen Zwilling und der verstärkten Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette können signifikante Verbesserungen erzielt werden. Letztendlich profitieren alle Beteiligten von einer verstärkten Kooperation und einer verbesserten Wertschöpfungsstruktur, die sowohl ökonomischen als auch ökologischen Anforderungen gerecht wird.

Dieser Artikel erschien zuerst unter dem Titel „Kooperation verbessert die Supply Chains“ in der Lebensmittelzeitung 23 am 9. Juni 2023, Seite 34.